Von links nach rechts: Gerhard Krinninger als Einrichtungs- und Fachbereichsleiter Frühförderung Passau verabschiedet; Petra Haderer-Moser als neue Leiterin des Caritas Frühförderungsdienstes Passau; Andrea Anderlik, Diözesan-Caritasdirektorin und Vorständin; Martin Gallitzendörfer, Referatsleiter in der Sozial-verwaltung des Bezirks Niederbayern; Alban Westenberger, Fachanwalt für Sozial- und Versicherungsrecht; Thomas Bannasch, Geschäftsführer der LAG Selbsthilfe Bayern; Sabine Wolf und Dr. med. Gerhard Herrmann, Geschäftsführer:innen der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern; Bertin Abbenhues, Abteilungsleiter Teilhabe-leistungen für Kinder und Jugendliche bei der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V.; Cornelia Wasner-Sommer, stellvertretende Landrätin, Bezirksrätin und 1. Vorsitzende des Fördervereins des Frühförderungsdienstescaritas/ks
"Ein Kind ist nicht behindert oder von einer Behinderung bedroht - es wird behindert." Mit diesen Worten hat Petra Haderer-Moser, neue Leiterin des Caritas Frühförderungsdienstes Passau, am Ende eines bewegenden Tages einen zentralen Gedanken in den Raum gestellt. Beim Fachtag "Stärkung von Teilhabe und Selbstbestimmung" im Valentinsaal Passau diskutierten Fachleute, Betroffene und Entscheidungsträger:innen über einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Behinderung: Weg von einem defizitorientierten Blick, hin zu einer Betrachtung im Kontext der Lebensumstände.
Passaus Caritasdirektorin Andrea Anderlik eröffnete die Veranstaltung mit einem klaren Appell für mehr Selbstbestimmung und Inklusion. "Teilhabe und Selbstbestimmung sind nicht nur Schlagworte, sondern die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Menschen mit Beeinträchtigung sollen von Anfang an die Möglichkeit haben, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen", betonte sie.
Die Veranstaltung moderierte Bertin Abbenhues, Abteilungsleiter Teilhabeleistung für Kinder und Jugendliche der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V., während Expert:innen aus verschiedenen Perspektiven die Umsetzung dieses neuen Verständnisses beleuchteten.
Den rechtlichen Rahmen erläuterte Fachanwalt Alban Westenberger, der sich intensiv mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) und dem Sozialgesetzbuch IX befasst. Er appellierte: "Weg vom Schubladendenken hin zur individuellen, bedarfsgerechten Hilfeleistung."
Ein weiterer Blickwinkel kam von Thomas Bannasch, selbst Rollstuhlfahrer und Geschäftsführer der LAG Selbsthilfe Bayern, der die Sichtweise von Menschen mit Behinderung vertrat. "Nichts ohne uns, über uns!" betonte er. "Eltern wird oft mehr Gehör geschenkt als den Betroffenen selbst!" und machte damit auf die großen Herausforderungen durch Fremdbestimmung und fehlende Ressourcen aufmerksam. "Wir brauchen eine Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft und auch bei den Trägern." Träger wie der Bezirk Niederbayern sind für die Kostenübernahme von Leistungen für Menschen mit Behinderung zuständig. Eine große Herausforderung sei es möglichst passgenau Leistungen zu finden und auch zu gewähren, erklärt Martin Gallitzendörfer, Referatsleiter in der Sozialverwaltung des Bezirks Niederbayern. Die Kosten seien seit 2018 um 40 Prozent angestiegen.
Für eine spielerische Abwechslung sorgten Sabine Wolf und Dr. Gerhard Herrmann, Geschäftsführungen von der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern. In Form eines fiktiven Interviews zwischen einem Journalisten und einer Einrichtungsleiterin stellten Sie die Herausforderungen eines Kindes mit Förderbedarf im Kindergarten dar. Diese beginnen bereits bei der Reizüberflutung an der Garderobe und enden bei der Interaktion mit anderen Kindern. Man müsse "dem Kind Entwicklungsräume und Wachstumsbedingungen ermöglichen, um Teilhabe zu fördern."
Den Abschluss des Fachtags bildete eine lebhafte Diskussionsrunde, bei der deutlich wurde: Ein grundlegender Perspektivwechsel ist nötig, um Barrieren in der Gesellschaft abzubauen.
Abschied und Neubeginn, von links nach rechts: Petra Haderer-Moser, Leiterin des Caritas Frühförderungsdienstes Passau, Gerhard Krinninger ehemaliger Einrichtungs- und Fachbereichsleiter Frühförderung Passau; Andrea Anderlik, Diözesan-Caritasdirektorin; Cornelia Wasner-Sommer, stv. Landrätin, Bezirksrätin und 1. Vor-sitzende des Förderungsdienstes; Jürgen Dupper, Oberbürgermeister der Stadt Passau und Mitglied des Fördervereinscaritas/ks
Nach dem Fachtag folgte ein feierlicher Moment: die Verabschiedung von Gerhard Krinninger in den Ruhestand, der über 31 Jahre mit großem Engagement für die Frühförderung gearbeitet hatte, davon über 20 Jahre als Einrichtungsleitung.
"Ihr Blick auf das Wohl der Kinder, Ihr Einfühlungsvermögen für die Sorgen der Eltern und Ihre wertschätzende Art gegenüber Ihrem Team haben Sie zu einer geschätzten Führungspersönlichkeit gemacht.", so Caritasdirektorin Andrea Anderlik. Auch Oberbürgermeister Jürgen Dupper, Mitglied des Fördervereins, hob Krinningers beeindruckenden beruflichen Werdegang hervor und bezeichnete seine Karriere als "lupenreinen beruflichen Weg".
Cornelia Wasner-Sommer, stv. Landrätin, Bezirksrätin und 1. Vorsitzende des Fördervereins des Frühförderungsdienstes, unterstrich die enge und gute Zusammenarbeit: "Wir verabschieden dich mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Wehmut und Dankbarkeit schwang auch bei Regina Schön, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung des Caritas-Frühförderungsdienstes, mit: "Dank dir sind wir nicht nur als Team gewachsen, sondern auch als Individuen."
Irene Berner, 1. Vorsitzende der Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung, würdigte Gerhard Krinninger für seine stets gute Art und verabschiedete ihn mit den Worten "Du warst und bist ein Eckpfeiler für die Viff - sowohl nach innen als auch nach außen."
Gerhard Krinninger selbst blickte dankbar auf seine Zeit bei der Caritas Passau zurück: "Mit Leib und Seele war ich Frühförderer und Führungskraft der Caritas Passau. Nun gebe ich die Leitungsverantwortung in großer Dankbarkeit ab", Seine Nachfolgerin wird Petra Haderer-Moser: "Liebe Petra, die Geschicke des Caritas-Frühförderungsdienstes sind nun maßgeblich in Deine Hände gelegt. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du Erfüllung, Erfolg und Zufriedenheit in dieser Aufgabe finden mögest."
Zum Abschluss des Tages setzte die neue Einrichtungsleitung Petra Haderer-Moser einen starken Impuls für die Zukunft. "Eine drohende Behinderung wird nicht mehr als Eigenschaft oder Defizit eines Kindes betrachtet, sondern als Zusammenspiel diverser Faktoren. Es wird behindert - in seinem Recht auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe", erklärte sie. Ihr Appell an die Anwesenden war unmissverständlich: "Tragen Sie dieses neue Verständnis von Behinderung hinaus in Ihre Lebenswelten. Erzählen Sie davon. Streuen Sie diese Botschaft aus wie einen Samen. Nur wenn wir als Fachkräfte und Verantwortliche dieses neue Denken weitergeben, kann sich etwas für Kinder und Menschen wirklich ändern."
Text: Kilian Seiberl
Die Tagung "Stärkung von Selbstbestimmung und Teilhabe"caritas/tö