"Wir unterliegen der Schweigepflicht und alles, was du mir hier erzählst, bleibt unter uns" - Mit diesen Worten hat in den vergangenen zwei Jahren jede Leseweisung der Brücke Passau begonnen. Marc Aubry hat vor zwei Jahren im April 2021 das Projekt der Leseweisungen gestartet und leitet es seitdem.
Bücher lesen statt Sozialstunden - was während der Pandemie als Ersatz für Sozialstunden begann, hat sich heute etabliert.
"Die Leseweisungen sollen mehr erziehen statt sanktionieren", erklärt Aubry. Das Schülergericht vermittelt die Jugendlichen an die Brücke Passau der Caritas, ein Erstgespräch folgt. Die Ansprechpersonen für dieses Gespräch machen das ehrenamtlich, viele davon studieren noch.
Beim ersten Termin suchen die Beteiligten ein Buch heraus, welches beide bis zum Zweitgespräch durcharbeiten. Nach gemeinsamen Reflektieren des Gelesenen, erhält der Jugendliche seine Aufgabe für den Abschlussbericht. "Ich kenne diese Art von Sanktionen bereits aus München und wollte sie unbedingt auch in Passau in die Tat umsetzen", sagt Marc Aubry. "Es ist eine tolle Möglichkeit, den Fokus der Jugendlichen wieder mehr auf das Lesen zu lenken und sie dadurch aus ihrem digitalen Alltag zu holen."
Aubry selbst ist seit 2019 bei der Caritas angestellt. Die Arbeit mit jungen Menschen habe ihm schon immer gefallen. "Ich habe irgendwie ein Händchen dafür", erklärt er der PNP.
Aubry wirkt mittlerweile bei einigen Projekten der Caritas mit - Antiaggressionstraining, Kommunikationsseminare an der Universität Passau und seit 2021 eben auch die Leseweisungen. "Zwei Jahre schon... verrückt, wie schnell die Zeit vergeht", sagt er.
Bisher seien knapp 58 Leseweisungen durchgeführt worden und es sollen noch weitere folgen. "Das Schülergericht unterstützt die Idee und liefert uns ständig neue Fälle", freut sich Marc Aubry. Er habe bereits ein neues Projekt geplant, an dem sich das Schülergericht ebenfalls beteiligt. Statt Leseweisungen soll es in Zukunft auch Gesprächsweisungen geben. "Diese sind auf Jugendliche fokussiert, die aus einem schwierigen Elternhaus kommen und bei denen einfache Leseweisungen nicht ausreichen", erklärt Aubry. "Es bleibt also spannend- mal sehen, welche Projekte wir alle noch umsetzen werden."
Text: Alina Stiepan