Seit 2017 gibt es in Passau sogenannte "Teen-Courts". Jugendliche, geständige Ersttäter bekommen hier die Möglichkeit, ihr Vergehen im Rahmen eines Schüler-Gerichts zu verhandeln. Drei SchülerInnen, die in etwa gleich alt sind wie der Beschuldigte, besprechen den Fall und verhängen eine möglichst deliktbezogene Sanktion. Die Teilnahme am Teen-Court ist für den straffällig Gewordenen freiwillig und stellt eine Alternative zu der sonst üblichen Verhandlung am Amtsgericht vor dem Jugendrichter dar. Erfüllt der Delinquente die verhängte Sanktion, stellt die Staatanwaltschaft das Verfahren ein.
Für das inzwischen sehr begehrte Ehrenamt des „Schüler-Richters“, werden die jungen Menschen von den sozialpädagogischen Mitarbeitenden des Caritasverbandes für die Diözese Passau e. V., Renate Ascher und Marc Aubry ausgebildet. Der Abschluss der Ausbildung beinhaltet die Hospitation bei „herkömmlichen“ Verfahren im Amtsgericht sowie eine Vereidigung vor der Staatsanwaltschaft.
Die Praxis in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass nahezu alle Teilnehmenden der Teen-Courts in den darauffolgenden Jahren nicht wieder straffällig wurden. Auch für die SchülerrichterInnen stellt das Projekt einen großen Mehrwert dar, da sie Verantwortung übernehmen und viel fürs Leben und ihre berufliche Zukunft lernen können.
„Die Sanktionen sind ein besonderer Bestandteil des Schülergerichts“, erklärt Anna Mugler, die seit zwei Jahren Richterin in dem Projekt ist und bereits einige Fälle verhandelt hat. „Dem normalen Jugendrichter stehen nur wenige Sanktionsformen zur Verfügung, aus denen er auswählen muss. Unsere Gremien hingegen können dem Jugendlichen eine Strafe auferlegen, die individuell an sein Vergehen und seine Lebensumstände angepasst ist und so im Idealfall die bestmögliche, pädagogische Wirkung erzielen kann“.
„Hierbei ist nicht nur die Art der Sanktion, sondern auch deren Höhe ausschlaggebend für eine gelungene Sanktionsfindung“ weiß Linda Dups, die ebenfalls seit 2019 ihr Ehrenamt am Teen Court ausübt. „In welcher Höhe unser Gremium Sanktionen ausspricht, hängt oft auch mit dem Auftreten und der Kooperationsbereitschaft des Angeklagten zusammen. Reue ist schließlich auch am richtigen Jugendgericht ein wichtiger Bestandteil der Verhandlung.“
Lara Bartlweber, welche als erfahrene Schüler-Richterin maßgeblich bei der Ausbildung der „Neuen“ mitgewirkt hat meint dazu: „Die angehenden SchülerrichterInnen erhalten im Rahmen des Projektes einen Einblick in das juristische Berufsfeld. Zudem lernen sie in den Verhandlungen, wie man Gespräche auf den Kern eines Problems lenkt, um dann eine angemessene Lösung für alle Beteiligten zu finden.“
2019 wurde das Passauer Schülergericht der Caritas sogar zum Staatsempfang nach München geladen, wo der Justizminister Georg Eisenreich die Teen-Courts als Erfolgsprojekt lobte. So schreitet die neue Riege der Schüler-Richter voller Elan und Zuversicht zur Tat, denn es warten bereits viele Fälle auf ihre Verhandlung.